Das ist sie...

Das ist sie...

ZEN oder die Kunst, ein Holzboot zu warten...

Wer ein Holzboot hat oder "nur" einen Holzaufbau wie ich, muss sich mit dem Holzschutz befassen, oder andere dafür bezahlen, ansonsten währt die Freude nur kurz. Zu Details des richtigen Holzschutzes gibt es viele Meinungen und viele gute Experten. Ich werde mich auf das beschränken, was ich tue und meine - ohne Anspruch auf endgültige Wahrheit oder maximale Kompetenz.
Manche Holzsorten schützen sich selbst, indem sie eigene Schutzstoffe enthalten, die biologische Angriffe abwehren. Teak ist so ein Holz. Bei Else ist das Deck mit Teak-Stäben bedeckt, was zu einer robusten, hellgrauen Fläche führt, die nur minimale Pflege braucht - nämlich Wasser und Schrubber. Die hellgraue Färbung deutet allerdings auch bei Teak darauf hin, dass die oberste Schicht durch UV-Licht angegriffen wird. Dieses energiereiche Licht zerstört chemische Bindungen und zersetzt damit Holz. Diese Strahlung ist nicht zu unterschätzen, sie zersetzt auch Kunststoffe und löst z.B. auch Hautkrebs aus.
Das Deckshaus der Else, die Reling und die Rammleiste sind aus Mahagoni. Ein festes, widerstandsfähiges, schönes Holz, das allerdings vor Licht, Nässe und Mikroorganismen geschützt werden muss. Dazu muss man zumindest im Groben verstehen, wie entstehen Schäden entstehen, wie man sie erkennt und wie man ihnen wirksam und dauerhaft abhilft.
  • Intaktes lackiertes Holz ist einheitlich gemasert und glatt. Es hat kräftige Farben ohne graue Komponenten, keine Risse, keine schwarzen Stellen.
  • Schäden bilden sich nun wie folgt: UV-Licht strahlt durch den Lack auf die Holzoberfläche. Dabei wird sowohl der Lack angegriffen - er wird spröde - als auch die Holzoberfläche zerstört - diese wird grau. Mit dem Auge sieht man die Versprödung des Lacks nicht oder nur in bestimmten Fällen, sondern es fallen zuerst die Schäden am Holz auf. Holz besteht aus harten und weichen Komponenten, wobei die weichen Bereiche anfälliger für UV-Licht sind. Sie werden dementsprechend als erste silbergrau. Die Färbung ist direkt verbunden mit einer Zerstörung der obersten Holzschicht. Von dieser zerstörtem Schicht löst sich der Lack ab. Sofern er nicht sofort reißt, entstehen flache "Blasen" über den grauen Stellen. Der freitragende Lackfilm hier ist sehr empfindlich und es eine Frage der Zeit, wann die Schicht reißt.
  • Sobald der erste, winzige Haarriss entstanden ist, nimmt die Zerstörung rasch ihren Lauf! Es kann Wasser an das Holz gelangen. Das Holz unter und nebem dem Riss wird feucht, der Restlack verhindert ein zügiges Trocknen des Holzes. Damit ist ideales Feuchtbiotop für Bakterien uns Algen entstanden! Die von Organismen befallenen Stellen erkennt man daran, dass sie nicht mehr hell- bzw. silbergrau sind, sondern schwarz. Das Biotop kann tief ins Holz reichen, denn Wasser dringt viel tiefer ein als Licht!
  • Ferner führt die eingedrungene Feuchtigkeit zum Aufquellen des Holzes. Dadurch gerät der Lack erst recht unter starke Spannung und weitere Risse entstehen, die noch mehr Feuchtigkeit eindringen lassen. Ein sich selbst verstärkender Teufelskreis entsteht. Hier muss man rasch handeln! Aber Achtung: Hektisches überlackieren von feuchtem, aufgeqollenem Holz bringt gar nichts! Der Lack hält nicht am Holz, denn durch die Wasseraufnahme lässt es kein Lack eindringen und entsteht keine feste Verbindung Lack-Holz. Außerdem wird beim Überlackieren die die Feuchtigkeit eingeschlossen, sodass die die Bakterien/Pilz munter weiter wüten können und durch die Quellung auch der neue der Lack quasi sofort wieder aufreißt. Besonders gilt das für feine Holzspalten und Lücken. Hier hält sich Feuchtigkeit besonders gut. Vor allem an Übergängen wie Schraublöchern! Der Übergang Metall-Holz ist ohnehin schwer wasserdicht zu bekommen. Erst recht wenn Wasser entlang der Schraube oder entlang eines von ihr provozierten Risses in die Tiefe des Holzes vorgedrungen ist. Lack oben drauf? Bringt gar nichts!
Die Gegenmaßnahme der Wahl ist ein korrekte, zumindest teilweise Neulackierung.
  • Der alte Lack muss ab, uns zwar aus zwei Gründen: Der Untergrund muss für den neuen Lack fest sein und tiefgründig trocken sein. Also schleifen. Else ist 40 Jahre alt. Da ist schon viel geschliffen worden. Das erkennt man z.B. an dem Höhenunterschied zwischen den Flächen, die mit Beschlägen bedeckt sind und denen, die frei dem Wetter ausgesetzten sind. Deshalb muss man gut abwägen, ob man neben dem alten Lack selbst auch noch Holz abtragen will - und wie viel. Denn irgendwann ist kein Holz mehr da. Ich selbst bis da sehr vorsichtig und nehme neben dem Alt-Lack nur die oberste graue Schicht ab. Die hässlichen schwarzen Bereiche, die häufig recht tief reichen, lasse ich häufig stehen - auch wenn es unschön aussieht.  Oma Else ist eben keine 17 mehr. Nicht immer sind alle Flächen gleichermaßen befallen (Wetterbelastung, Sonnenstand, Vorbehandlung). Große Flächen mache ich mit der Hand (Schleifpapier 120 und Kork-Klotz), kleine betroffene Bereiche bearbeite ich mit einer Drahtbürste und/oder dem Akku-Handschleifer (Dreieckschleifer). Wie auch immer: Alles, was einmal Wasser aufgenommen hat, muss offengelegt werden, damit es trocknen kann. Alles was lose, bröselig, instabil ist muss weg! Nach dem Schleifen wird der Staub mit Hilfe eines Akku-Saugers (der sonst Brötchen-Krümel frisst) und einem ganz schwach feuchten Tuch entfernt. Dann warten auf Trocknung. Für Fläche kann ein Sonnentag reichen. Da auch der Morgentau vollständig weg muss, lackiert man am besten Nachmittags. Tiefsitzende Feuchtigkeit in Spalten kann allerdings deutlich länger brauchen. Nie nie, niemals nicht auf feuchtes Holz lackieren, ist völlig vergebens!
Die erste Schicht
  • Ich lackiere mit "Schooner" (Fa. International). Das Vorgehen dürfte fürt andere 1K-Lacke im Prinzip ähnlich sein (2K und Öle müssen ganz anders verarbeitet werden). Für den ersten Anstrich wird 3-Finger-hoch Lack in einen Becher gefüllt und mit zusätzlich 1/3 Verdünnung sehr viel dünnflüssiger gemacht. Denn diese Mischung soll möglichst tief in das Holz und alle Ritzen einziehen. Die erst Lackierung wird dazu führen, dass sich angeschliffene Holzfasern aufstellen und verbliebener Schleifstaub aus Ritzen und Mulden heraus gerieben wird. Die Oberfläche wird also sehr rau werden. Den ersten Anstrich (wie auch alle folgende) sorgfältig trocknen lassen, je nach Wetter mind. 10 Stunden. Vorgaben des Herstellers ernst nehmen!
Schleifen
  • Die Oberfläche der ersten Schicht ist sehr rau und wird nach der Trocknung mit einem mittelfeinen Papier (240) übergeschliffen. ÜBER-  nicht abgeschliffen! Ich mache die neue Lackschicht durch feine Schleifkratzer durchgängig "trübe". Die flächige "Trübung" ist für mich das Zeichen, dass ich nicht nur die obersten paar "Pickelkuppen" abgeschliffen haben, sondern eine durchgängig glatte und plane Fläche erzeugt habe. Keine groben Kräfte aufwenden und nicht zu viel abschleifen! Wie wollen ja Schichten auf- und nicht abbauen. Nach der ersten stark verdünnten Schicht kann man die zweite Schicht mit leichter Verdünnung (10%) aufbringen. Ich verzichte bei "Schooner" allerdings darauf, denn dieser zieht sehr gut auf.
Die weiteren 6-8 Schichten aufbauen
  • Nun geht es im Wechsel: Jeden Tag die letzte, durchgehärtete Schicht wie beschrieben "antrüben" (240er Papier), Staub entfernen und eine neue Schicht drauf lackieren. Dabei ein Gefühl für die richtige Lackdicke beim Auftragen gewinnen! Nicht zu dünn lackieren - dann brauchen wir "ewig!", aber auch nicht zu dick, dann gibt es Nasen und Runzeln. Diese "Runzeln der Ungeduld" entstehen dann, wenn die oberste Lackschicht schon geliert ist, aber erst später danach die darunterliegende Schicht trocknet. Beim Trocknen schrumpft das Volumen, und so, wie ein Apfel schrumpelt, wenn der trocken wird (Das Volumen wird weniger, die Schale behält aber die Größe ihrer Oberfläche), so werden alle Lackstellen runzelig, an denen er zu dick aufgetragen war. Anfällig sind Ecken, Kanten, Übergänge zu Beschlägen. Die Kunst ist also gleichmäßig dick, aber keinesfalls zu dick auftragen...
Warum so viele Schichten?
  • Der optische Eindruck ist meist nach der zweiten Schicht schon richtig prima: Glatt und glänzend, wie ein eingeölter Baby-Po. Viel wird sich daran auch mit den kommenden Schichten nicht verändern. Daher ist die Versuchung ist groß, es bei wenigen Schichten zu belassen. Aber erstens braucht der Lack eine gewisse Schichtdicke, um mechanisch gegen Mikrorisse stabil zu sein. Und zweitens ist der Lack die "UV-Brille" für ihr Holz. Je dünner die Brille, desto mehr UV kommt durch den Lack - und umso schneller wird die Holzoberfläche angegriffen. Wie oben beschrieben fängt die Katastrophe mit der Zerstörung des Holzes an. Der Lack wird auch durch UV angegriffen, das dauert aber deutlich länger als beim Holz. Leider: Ordentlichen UV-Schutz gibt es erst ab 7 Schichten (im Fall von "Schooner" International).
Wann erneuern?
  • Der Lack ist zwar gegen UV-Licht stabilisiert, aber auch er wird langsam zersetzt. Die oberste Schicht schützt die darunterliegenden Schichten, sie wird zuerst angegriffen. Man erkennt das daran, dass sie trübe wird und der Perleffekt bei Wasser nachlässt. Deshalb auch bei Flächen, deren Holzoberfläche noch intakt ist, lackieren: Etwas kräftiger als sonst "antrüben" und mind. 2x lackieren.

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